Neben der Kammer für Arbeiter und Angestellte Steiermark und Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung hat auch der Verein AMSEL die Performance von InterACT zum Thema „SommerSonnenWahlen“ mit einer Spende unterstützt.
Am 20. Juni, dem Tag vor der SommerSonnenWende im Jahr 2018, wurde von InterACT im Rahmen der 800-Jahr-Feier der Diözese Graz-Seckau auf dem Tummelplatz in Graz gezeigt, was möglich wird, wenn sich Menschen für ein friedliches und einander wertschätzendes Zusammenleben aussprechen.
Die Akteurinnen und Akteure von InterACT präsentierten zunächst drei Szenenbilder von Menschen in unserer Leistungsgesellschaft. Nach der Wahl jenes Bildes, das im Publikum die höchste Zustimmung für FAIRänderung erhielt, wurden die Anwesenden selbst aktiv und unterstützten dort, wo aus ihrer Sicht noch Hilfe benötigt wurde.

SommerSonnen sind all jene Menschen, die individuell oder in ihrer Funktion einer ökosozial ausgerichteten Nichtregierungsorganisation gesellschaftsFAIRändernd tätig sind. Jene unter ihnen, die sich auch für eine solidarischere Gesetzgebung einsetzen wollen, können von allen hier lebenden Mitmenschen ins Parlament der Herzen gewählt werden.
Anmerkung: Finden die Wahlen auch in Hinkunft rund um die SommerSonnenWende statt, dann ist der Titel „SommerSonnen“ für gewählte Funktionär*innen zwar naheliegend, dennoch ist er – wie der Begriff „Parlament der Herzen“ bis auf weiteres ein vorläufiger Arbeitstitel.
Wer an der Realisierung dieser Idee mitgestalten will, ist herzlich eingeladen, ihre Weiterentwicklung und die nachfolgende Umsetzung zu unterstützen.
Ein Aspekt dabei ist besonders zu beachten: die Attraktivität und Niederschwelligkeit der Angebote rund um den Wahlvorgang sind zuerst auf die Bedürfnisse von Menschen abzustimmen, die enttäuscht sind von den Ergebnissen herkömmlicher politischer Beteiligungsprozesse oder an diesen gar nicht teilnehmen dürfen. Es ist davon auszugehen, dass dieses Ergebnis eines jbi-Forschungsprojekts von seiner Tendenz her nicht nur auf Wien zu beziehen ist: „Wirft man einen Blick auf den sozioökonomischen Hintergrund jener 45 % Nichtrepräsentierten, zeigt sich eine soziale Schieflage: Arbeitslose, Arme, Armutsgefährdete, Menschen mit niedriger formaler Bildung und Menschen mit Migrationshintergrund sind nicht entsprechend vertreten. Ihre Nichtteilnahme an demokratischen Prozessen wird von der Forschung zunehmend als Folge sozialer Exklusion erkannt.“
Am 22. Juni 2018 jedenfalls konnte der Aspekt der „Gastfreundlichkeit“ schon mal erprobt werden: bei einer Tasse Tee und Snacks wurde im öffentlichen Raum partizipativ verhandelt und abgestimmt.
Zusammensetzung. Mit Abstimmung. Oder: Der öffentliche Raum ist für uns alle da! Wir können aber auch sagen: die Gestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die unser Zusammenleben herrschaftlich beeinflussen, bedarf der Stimmen von uns allen. Andernfalls verliert die Demokratie als Herrschaftsform ihren friedensfördernden Charakter.
Nur gemeinsam können wir den spaltenden Kräften im eigenen Land erfolgreich Paroli bieten.
Dieser Satz schreibt sich so leicht und dennoch ist er von seiner Bedeutung her ein Schwergewicht, wenn es darum geht, Kräfte zu bündeln im Kampf gegen jede Form von Ausgrenzung, insbesondere jene, durch die „unsere Gesellschaft den Rand bewusst reproduziert„. Andernfalls müssten im jeweiligen Einzelfall erst Verbündete gefunden werden, die zumeist weder schnell genug, noch in der ausreichenden Intensität zu mobilisieren sind. Indes reichen nicht einmal die über Jahrzehnte erprobten und gut organisierten Strukturen einer Sozialpartnerschaft, um den verschiedenen Angriffen auf den Sozialstaat abzuwehren – siehe beispielsweise Arbeitszeitgesetz:
Weder die mehr als hunderttausend Demonstrierenden am 30. Juni 2018 auf dem Wiener Heldenplatz, noch Hinweise auf die negativen gesundheitlichen Auswirkungen einer generellen Ausdehnung der gesetzlich zulässigen Arbeitszeiten (auch an Sonn- und Feiertagen) haben – vorerst – Schlimmeres verhindern können. Im SÜDWIND Newsletter 7/2018 vom 20. Juli wird dieser Hinweis noch nachgeliefert:
„Bereits 1919 wurde in Washington das ILO Übereinkommen über die Begrenzung der Arbeitszeit in gewerblichen Betrieben auf acht Stunden täglich beschlossen, das von Österreich am 12. Juni 1924 ratifiziert wurde. Südwind spricht sich daher klar gegen die von der Bundesregierung angestrebte Ausdehnung der Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden täglich und bis zu 60 Stunden in der Woche und die Änderungen der Ruhezeiten aus.“
Während die „Ressource ICH – Stark im beruflichen Alltag“ mit öffentlichen Geldern beworben wird, werden die gesundheitlichen Auswirkungen von sozialer Ungleichheit allein schon aus jenem Grund nicht in Augenschein genommen, den Margaret Thatcher so formulierte: „… there is no such thing as society„. Jahrzehnte danach sehen und spüren wir die Auswirkungen eines zwischenzeitlich lebendig gewordenen, spaltenden Geistes und erst langsam – mittlerweile MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND – wird gemeinsam von politischer und zivilgesellschaftlicher Seite versucht, Auswege aus dieser geschichtlichen Sackgasse zu finden:
Was noch zu tun sein wird?

Über den Traum von einer „Regenbogennation“ Nelson Mandelas hinaus, in der alle die gleichen Chancen haben, sind die Positionen jener zu stärken, die ihre daraus ableitbaren Rechte nicht annähernd ebenbürtig wahrnehmen (können). So ließen sich die Auswirkungen kultureller Unterschiede verringern, die abseits entsprechender Möglichkeiten zur Mitgestaltung mitunter zu (durchaus gewünschten) politischen Spannungen führen. Die Sicherheit als verlässlichste Grundlage der Demokratie erfordert die Teilhabe an politischer Einflussnahme aus der Erfahrungswelt der Betroffenen heraus. Regierungen abwählen zu dürfen reicht – trotz des Lernprozesses, der daraus entstanden ist oder entstehen hätte können – vielen Enttäuschten schon lange nicht mehr. Die Gründung einer „parlamentarischen Opposition“ als dauerhafte Einrichtung kann dabei sehr hilfreich sein. Erste Hinweise darauf bietet Egon Christian Leitner. Auch Andreas Koller stellt hierzu Überlegungen an, die in Richtung einer Erweiterung der bisher wirksamen – weil (zum Teil auch) gesetzlich legitimierten –

Sozialpartnerschaft als „Nebenregierung“ durch eine von verschiedenen Interessen geprägten Zivilgesellschaft weist. Eine Stärkung der Sozialpartnerschaft durch die Multitude – zumindest im Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen (auch die IV ist hier an Bord!) – ist dringend geboten, da mittlerweile zu viele Lebensbereiche unzureichend fairtreten scheinen – dies bestätigen sowohl die OECD, als auch der IWF.
Wie es dazu kommen konnte?
Um bei unserem Thema, der ErwerbsArbeitslosigkeit zu bleiben: Stephan Schulmeister führt diese auf die seit den 1970er Jahren sich ausbreitende Marktgläubigkeit und ihre Folgen in der Arbeitsmarktpolitik zurück. Das mittlerweile herrschende „idealistische
In seinem 2018 erschienen Buch „Der Weg zur Prosperität“ (eine Anspielung an „Der Weg zur Knechtschaft„) zitiert Stephan Schulmeister gern Adam Smith, der Jahrhunderte nach seinem Tod durch „schöpferische Dichtung“ (S 42) umgedeutet wurde. Der Textausschnitt lässt erkennen, wie unzureichend Philanthropie gerechtem Sozialverhalten zu dienen imstande ist.
Konzept“ geht ihm zufolge davon aus, dass „Gewerkschaften überhöhte Lohnforderungen durchsetzen (womit sie den Arbeitslosen schaden, die bereit wären, zu einem ‚marktgemäßen‘ Preis zu arbeiten).
Der erste Schritt zur Besserung besteht dann darin, das Lohnniveau zu senken. Da Erwerbsfähige jedoch nur bereit sind, Arbeit anzubieten (aufzunehmen), wenn der Lohn höher ist als das Arbeitslosengeld oder Sozialleistungen, kann Arbeitslosigkeit nur durch ‚Strukturreformen‘ wie die ‚Agenda 2010‘ bzw. ‚Hartz IV‘ beseitigt werden: Man senkt die Sozialleistungen, schafft ‚atypische‘ Beschäftigungsformen, lockert den Arbeitnehmerschutz und die Verbindlichkeit von Tarif- bzw. Kollektivverträgen: Die Kurve des Arbeitsangebotes wird auf diese Weise nach unten gedrückt und flacher gemacht – nunmehr reichen schon Löhne aus, die nur wenig über der Grund- oder Mindestsicherung (‚Hartz IV‘) liegen, um die Arbeitnehmer zur Annahme von (Niedriglohn-)Jobs zu veranlassen bzw. zu nötigen.“ (S 23f)
ecowin: Der Weg zur Prosperität
Auf der Suche nach Antworten
Auf der Suche nach Antworten von Fragen mit nicht trivialen Lösungsmöglichkeiten ist zunächst ein fruchtbarer Diskurs zu führen: Handlungsbedarf ist weit über die Diskussion einer 60-Stunden-Arbeitswoche hinaus gegeben: siehe zB „politische Planlosigkeit“ … und die Zeit drängt, denn das über Jahrzehnte erworbene Vertrauen (Sozialkapital) ist schnell verspielt und nur mühsam wieder zurück zu gewinnen. Eine Frage, die es in diesem Zusammenhang zum Beispiel im Rahmen einer Veranstaltungsreihe zum Thema „Selbstermächtigung …„ zu beantworten gilt, lautet:
Wie organisieren wir in einer offenen Gesellschaft* politischen Ausgleich, um den wirtschaftlichen Erfolgspfad weiter zu gewährleisten, ohne den Ausbau des Wohlfahrtsstaates zu gefährden?



Anmerkungen
*) Karl R. Popper schrieb das zweibändige Werk „Die offene Gesellschaft und ihre Feinde“ im Exil in Neuseeland. Er entschloss sich zur Niederschrift im März 1938, als ihn in Christchurch „die Nachricht von der Invasion Österreichs erreichte“ [Bd. I, S 6].
„Das Dogma, daß die ökonomische Gewalt die Wurzel allen Übels ist, muß aufgegeben werden. Ein Verständnis der Gefahren, die jeder Form von unkontrollierter Gewalt innewohnen, muß seine Stelle einnehmen. Das Geld als solches ist nicht besonders gefährlich. Es wird gefährlich nur dann, wenn es zum Kauf von Macht verwendet werden kann, entweder direkt oder durch Versklavung der ökonomisch Schwachen, die sich selbst verkaufen müssen, um überleben zu können.
Wir müssen in diesen Dingen sozusagen noch materialistischer denken als Marx. Wir müssen einsehen, daß die Kontrolle der physischen Gewalt und der physischen Ausbeutung das zentrale politische Problem ist und bleibt. Um diese Kontrolle einzuführen, müssen wir die „bloß formale Freiheit“ einführen. Und sobald uns das gelungen ist, sobald wir gelernt haben, sie zur Kontrolle der politischen Gewalt zu verwenden, von diesem Augenblick an hängt alles von uns selbst ab. Wir dürfen nicht mehr andere Menschen tadeln, wir dürfen auch nicht die dunklen ökonomischen Dämonen hinter der Szene anklagen. Denn in einer Demokratie besitzen wir den Schlüssel zur Kontrolle der Dämonen. Wir können sie zähmen. Es ist wichtig, daß wir diese Einsicht gewinnen und die Schlüssel gebrauchen; wir müssen Institutionen konstruieren, die es uns erlauben, die ökonomische Gewalt auf demokratische Weise zu kontrollieren und die uns Schutz vor der ökonomischen Ausbeutung gewähren.“
[Die offene Gesellschaft und ihre Feinde 2, München: Francke, 1980, 6. Aufl., S 159]
Ergänzung
Versuchen wir die ideologischen Leitbilder (beispielsweise Neoliberalismus) hinter der „physischen Gewalt und der physischen Ausbeutung“ zu orten, dann werden wir auch diesbezüglich bei Karl R. Popper fündig, wenn er sich zunächst auf den Philosophen J. Macmurray bezieht: „Ich stimme dem völlig zu, denn auch ich glaube, daß unsere abendländische Zivilisation ihren Rationalismus, ihren Glauben an die rationale Einheit der Menschen und an die offene Gesellschaft, insbesondere aber ihre wissenschaftliche Einstellung dem alten sokratischen und christlichen Glauben an die Brüderlichkeit aller Menschen und an intellektuelle Ehrlichkeit und Verantwortlichkeit verdankt.“, um dann in Klammer hinzu zu fügen: „… Andererseits ist es nur zu klar, daß es der Irrationalismus ist und nicht der Rationalismus, der für die Feindschaft zwischen den Nationen und für Aggression verantwortlich gemacht werden muß. …“ [beide Zitate: Bd. 2, S 300f]
PS: Teile dieser Seite als pdf-Datei – vgl. auch Konzepttext „STATUS QUO“ – Ein legislativer Forum-Theaterabend über prekäre Arbeit
Walter Ötsch denkt nach, zum Beispiel darüber: Welche Schlüssel braucht es, um moderne Gesellschaften zu verstehen, zu gestalten und zu entwickeln?
Linkhinweise: a) Die IG Demokratie bemüht sich um eine Ergänzung der repräsentativen Demokratie durch partizipative und konsultative Prozesse.
b) Hauptziel der parteiunabhängigen Initiative mehr Demokratie! ist eine Stärkung der demokratischen Teilhabemöglichkeiten von unten.